Uusikaupunki

Namens-Klang als Reisetip!

In Mariehamn, unserem Eingang zur finnischen Inselwelt, liegt ein kleines Kajütmotorboot mit finnischer Flagge und ausnahmsweise mit dem Heck zum Steg. Der Schriftzug auf dem hübsch gemalten Spiegel erzählt uns seinen Heimathafen:
„UUSIKAUPUNKI“

Wie das klingt! – So gar nicht schwedisch, wie hier sonst alles. – Sehr ungewohnt. – Aber lustig. – Richtig melodisch! – Wo das wohl ist? – Mal fragen. – Aha! – ? – – – –
Also, dorthin fahren wir! – Wegen des Namens? Ist doch verrückt! – Dürfen wir aber! – Stimmt!!
Nun planen wir doch ein kleines bisschen, das Wetter passt, und wir ziehen los. Die ungewohnte aber klare Karte, die freundlichen gelbschwarzen Spieren und die prächtigen Richtbaken führen uns gemütlich durch das abwechslungsreiche Archipel. Generelle Richtung NE.

Nach fünf Tagen machen wir zwischen Boje und dem hier etwas vorgesetzten Gästekai unmittelbar vor dem Restaurant „ Pakkahuonekahvio“ fest. – Das heißt „ Packhauskaffee!“ informiert uns unser Wörterbuch.
Und die Namensbedeutung unseres gastlichen Städtchens ist enttäuschend schlicht: “Neustadt“. ( die Schweden nennen den Ort „Nystad“. )
Das alles ignorieren wir. Wir sind in Uuuuusi…….. .

Die Tische vor dem Kaffee sind sehr frequentiert. Man hat von dort einen schönen Blick auf die kleine Promenade und die Leute und auf die Gastboote fasst vor den Füßen. Besonders reizvoll aber ist der Blick nach beiden Seiten über die Länge des mit Booten und Bäumen umsäumten Fjords.
Auch wir nutzen sogleich den angenehmen Platz bei Kaffee und Kuchen. Genauer: bei leckeren großen Kringeln. Dieses vom Teig her unserem Berliner ähnliche Gebäck ist offenbar sehr gefragt. Ab heute auch vom Skipper, täglich!

Nebenbei bemühten wir uns mit Hilfe des Wörterbuchs, die „vier Schlüsselwörter“ für Auslandsreisen endlich auch in Finnisch zu lernen. „Guten Tag“ und “Auf Wiedersehen“ sind klar, aber „Bitte“ und „Danke“ bleiben rätselhaft. Gegenüber am Tisch unterhalten sich zwei ältere finnische Herren.
Einer wendet sich plötzlich zu uns und sagt auf Deutsch: „Ihr sucht vergebens. Bitte und Danke sind auf Finnisch gleich!“ – Wir: „Aha, danke! “ und freundliches Nicken beiderseits.
Diese Schwierigkeit verdanken wir wieder mal unserm „Falsch-herum-Wörterbuch“. – Wir hatten uns in Mariehamn leider mit einem Deutsch -Wörterbuch für Finnen zufrieden geben müssen. (anstatt Finnisch-Wörterbuch für Deutsche)
Im Gastraum finden wir einen kleinen Tresen mit vielen Prospekten und einigen maritimen Büchern. Das ist das Hafenmeister-Büro. Es wird vom Kaffee-Personal mitbedient, auch hier offensichtlich Schülerinnen oder Studentinnen.
Wir wollen einige Tage bleiben. Was gibt es hier für uns zu sehen? Offenbar Einiges. – Erstmal unvermeidlich wie in jedem neu erreichten Land sind die Betrachtungen des Lebensmittelangebots und die mehr oder weniger klugen Vergleiche. Also: Billiger als in Schweden isses! –

Der hafennahe Stadtbereich hat ein Schachbrettgrundriss wie zur Gründung durch die Schweden 1617. Noch heute stehen auf dem alten Grundriss sehr viele gepflegte Holzhäuser. Stadt-Häuser, 100 Jahre alt.

Im Museum direkt am Hafen ist die Stadtgeschichte erläutert. Dort sind auch schiffbautechnisch hochinteressante Teile-Modelle alter Schiffe im Maßstab 1:1 zu sehen.
Die Stadt verfügt neben alten Hafenanlagen auch über einen modernen Tiefseehafen. Der ist auf einer westlich vorgelagerten Insel an tiefem Wasser angelegt. Beim Anlaufen der Stadt kann man die Dimensionen bewundern.
Aber daran hatten wir kein größeres Interesse.

Mit einem langen Marsch unter glühender Sonne eroberte ich mir das am Stadtrand gelegene Automuseum. Dabei erfuhr ich erstaunliches:
Seit 1962 gibt es hier eine Autofabrik, die nördlichste der Welt, die früher hauptsächlich Saab-Autos produzierte. Ab den neunziger Jahren ging die Saab-Produktion zurück. Es wurden verschiedene Porsche-Typen hier gebaut, aber auch Typen von Opel, Trabant, Lada und anderen. Das Werk ist eine Art Zulieferer oder Auftragsunternehmer mit gegen tausend Mitarbeitern, und es ist von großem Nutzen für die Stadt.
Das neben der Fabrik liegende Automuseum ist in drei Hallen untergebracht. Halle 1 zeigt berühmte Modelle aus aller Welt von 1905 bis ca. 1950, dabei auch faszinierende Kuriositäten. Weiterhin das 1:1- Modell einer Dorfschmiede, die, wie damals üblich, auch als Autowerkstatt fungierte. Und es gibt eine für die Fabrik ernsthaft produzierende Auto – Polsterei. – Halle 2 und 3 beherbergen alle und ausschließlich Saab-Modelle, mit sehr vielen sicherlich interessanten Informationen, jedoch nur in Finnisch. Fremdsprachliche Prospekte fand ich nur über die Fabrik. Schade!

Ebenfalls historisch fesselnd fanden wir Exponate und Informationen im Lotsenmuseum. Das Land war von 1806 bis 1918 unter Russischer Herrschaft. In dieser Zeit entwickelte sich bedeutende Schifffahrt in aller Welt und auch hier mit allen dazugehörigen Einrichtungen, Vorschriften und Gesetzen. Die finnischen Lotsen zu Beispiel waren, wenn ich es recht verstanden habe, Russische Beamte.
Manche Seezeichen, z.B. die fantastischen Richtbaken gleichen denen im Baltikum und unterscheiden sich von denen westlich der Ostsee. Das mag neben verwaltungstechnischen natürlich auch örtlich praktische Gründe haben.

Doch aufgemerkt !
Zu Uusikaupunki gehört für uns an erstere Stelle das einmalige Museum namens BONK. – (Der Leser mag Informationen aus dem Internet bevorzugen, meine Erinnerungen sind mir aber lieber.)
Die Hauptinformationslinie bildet eine Industriellen – Dynastie, die vor drei oder mehr Generationen durch einen Fischer von der nahe gelegenen Insel Helgoland begründet wurde.
Man beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit Fisch, d.h. Anschovi und Zitteraal und erdachte technische Einrichtungen zu Ihrer Nutzung.
Einige Beispiele:
Bonk produzierte das bereits im alten Rom beliebte Garum. Doch ging er weiter und entwickelte dazu eine Destillationsmaschine für ein berauschendes Produkt, welches man wie mit einer Wasserpfeife genießen konnte.
Dieses fahrbare Gerät wurde auch exportiert, insbesondere russische Mönche und Intellektuelle gebrauchten es mehr oder weniger glücklich. Nach wenig bekannten, selbstredend unterdrückten Informationen starb auch Lenin daran.

Im Zuge des allgemeinen technischen Fortschritts und erwachendem Energiehunger ließ Bong mit der seinerzeit üblichen Rücksichtslosigkeit den örtlichen Fjord zur See hin abriegeln, besetzte das lange Becken mit Riesenmengen von Zitteraalen und anderen Fischen, die elektrische Schläge auszuteilen vermochten und installierte an den Becken-Enden je eine Kathode und Anode. – Die Versuche, eine Spannung nachzuweisen oder gar Strom zu gewinnen sind alsbald eingestellt worden, da einige uneinsichtige Anwohner das Wasser nicht mieden.
Auch mit Anfängen der Raumfahrt beschäftigte sich das Unternehmen. Es gab einen Lufttorpedo mit neuzeitlicher Antriebstechnik und aufgesattelter Sitzgelegenheit für einen Jocky. Die behördliche Startgenehmigung wurde nicht erteilt.
In den Ausstellungsräumen machen noch viele andere Entwicklungen als Exponate oder Bilder den Besucher neugierig.
Allem ist der Wille des Firmengründers anzumerken: „Ich werde Maschinen bauen, die die Menschheit glücklich machen.“ – Und es gibt konsequent kein Produkt, welches nicht Nonsens wäre. –
Weitere Zusammenhänge rund ums Museum auch nur im Ansatz zu benennen, würden in unserer Vereins-Homepage ungebührlichen Raum einnehmen! –
Ein Hinweis sei der Fairness halber aber doch noch gestattet: Der Konzern engagierte sich durchaus auch sozial. engagiert. Er sponserte eine außerordentlich erfolgreiche Betriebssportgruppe. Mich rührte das Foto eines durchtrainierten nachdenklich drein guckenden Schlossers, der bei den olympischen Spielen 1926 in Amsterdam eine Medaille im Schraubschlüssel-Weitwerfen errungen hatte. –
Bonk ! –
Eine Besonderheit ist die Wasserversorgung der Stadt. Nachdem der trockene Sommer 1955 das Trinkwasser knapp werden lies, wurden nördlich der Stadt eine Reihe von Inseln durch Dämme verbunden. Dadurch entstand ein von der Ostsee abgetrenntes, 40 Quadratkilometer großes Becken, das heute etwa 0,16 Kubikkilometer Süßwasser enthält und dem täglich 7400Kubikmeter Wasser entnommen werden. —-
(letzter Absatz von Wikipedia)
Bonk ? —

Nach weiteren Tagen mit Kaffee und Kringel starten wir von Uusikaupunki nach Naantali.