Wir sind in den Finnischen Schären von Westen her auf dem Weg nach Naantali, dicht westlich von Turku. Gegen Ende eines beschaulichen Tags in diesem Inselparadies beschließen wir, für die Nacht wieder einen Ankerplatz zu suchen. Er sollte etwa zwei Wegstunden vor dem Ziel sein.
Auf der Karte finden wir ungefähr eine Meile abseits des geplanten Fahrwassers eine verheißungsvolle Bucht. Sie ist trichterförmig, etwas strukturiert und gegen den derzeitig vorherrschenden Süd geschützt. Das Wasser hat kaum flache Bereiche, was positiv ist wegen „Kraut und Mücken“. – Mit geputzter Lesebrille entdeckt, und irgendwo im Hirn auch abgelegt: Fels 0,7 m unter Wasser, Nähe Westufer.
Wir erreichen die Bucht, mit besonderer Aufmerksamkeit auch teilweise über Flächen abseits der Straßen, und wir laufen dann auf 6-10m Wasser ganz langsam ein. –
Noch schöner als erwartet! Ein Gefühl, wie willkommen geheißen. Der wechselnd hohe Wald fast rundum geschlossen, darin zwei oder drei teils versteckte Häuschen, südöstlich ein Schilffeld, von dem wir wegen der Mücken mindestens hundert Meter Abstand halten werden, und weiter im Trichter wartet die uns genehme Ankertiefe.
Mensch! Hier war doch der Stein! Weiter mittig halten! Ruder backbord, aufatmen, weiterschleichen – bums!
Na gut, wir haben einen Schwenkkiel, den ziehen wir jetzt ein. –
Aufatmen, zurücktasten. – Rummelbum! Stopp. Jetzt liegen wir also auf dem Bauch. –
Während der Skipper aussteigt, um das Terrain abzuschreiten, nörgelt
er vor sich hin: Natürlich: Erstens „zielgenau“ gefahren. Zweitens, unsere min. 0,9 Tiefgang auf 0,7 Wasser, das passt irgendwie gar nicht! Dritte Blödelei: 50 Jahre früher gekommen, säßen wir jetzt nicht fest, denn die hiesige Landhebung beträgt 1cm/Jahr. Und außerdem: Der schmuddelig-weiße winzige Plastikkanister treibt nicht vorbei, sondern hängt am Band und ist somit ein privates Seezeichen! – Sch….
Man steht etwa gürteltief auf einem sicherlich hübschen kleinen Schärenbuckel. Auf dem liegen rundliche Brocken. Auf denen sitzen wir. – Die 0,7-Stelle dürfte in der Nähe sein.
Das Boot lässt sich nicht schaukeln oder schieben jedoch ein paar Zentimeter am Steven seitlich schwenken. Der Propeller hatte bisher keine Grundberührung, aber ganz dicht dran liegen Steine. Also zur Zeit nicht nutzbar.
Ein junges Paar mit einem kleinen Ruderboot ist plötzlich bei uns.
Sie, eine ernst blickende Bikinischönheit mit Handy in der Hand. Er, ein nett aussehender Endzwanziger, der uns in fabelhaftem Englisch anspricht: “ Da saß mein Vater auch schon drauf. Wir haben die Coast Guard angerufen. Ich helfe erstmal schieben.“ Er steigt wie selbstverständlich ins Wasser und watet zu mir an den Steven.
Aber auch zu zweit lässt sich das Boot nur etwas schwenken.
Nun bringen die freundlichen Leute unseren Heckanker aus, gut 40m weit, das Wasser rundum ist mindestens 6m tief. Die Skipperin legt die Ankerleine um die elektrische Winsch und bringt sie auf maximale Spannung, wir stemmen uns noch mal kräftig gegen den Bug – und Katharinchen ist frei.
Die junge Frau sagte die Coast Guard ab. Der junge Mann steigt in sein Boot. Er bietet uns an, an seinem Steg ganz in der Nähe für die Nacht festzumachen, zeigt aber sehr Verständnis dafür, dass wir gerne frei ankern. Und irgendwie scheute der Skipper auch die eventuell sich ergebende Nähe.-
Nun allerseits gut gelaunter Abschied, das Paar rudert von dannen, und der Anblick seiner pitschnassen Shorts erzeugen bei uns nochmals dankbare Gedanken – sowas gibt`s !
Das nunmehr gründlich wahrgenommene Hindernis umschleichen wir respektvoll und suchen unseren angepeilten Ankerplatz auf.
„ A, 4m/30m“ und „Stille, bedeckt, warm“ erzählt dazu das Logbuch.
Am nächsten Morgen stellten wir unseren freundlichen Helfern einige große Flaschen Budweiser Bier auf den Steg. Gut verpackt gegen die Wärme, dazu einige ganz persönlichen Zeilen mit Gruß und Dank. –
Am nächsten Winterlager stellten wir fest, dass einige Streifen im Antifouling an der Grundplatte über zu pinseln sind. –
Und: Nicht weitersagen!